Die Kommunalwahlen und die darauf folgende Oberbürgermeister-Stichwahl in Bochum im September 2025 haben erneut die Debatte um die politische Teilhabe und das Wählerverhalten in den Fokus gerückt. Während die Kommunalwahlen landesweit in Nordrhein-Westfalen eine seit fast 30 Jahren höchste Wahlbeteiligung von 57 Prozent verzeichneten, lag die Beteiligung bei der entscheidenden Stichwahl für das Oberbürgermeisteramt in Bochum deutlich darunter. Die Ergebnisse werfen wichtige Fragen zur Resilienz der lokalen Demokratie und den Herausforderungen der Bürgermüdigkeit auf.
Die OB-Stichwahl 2025 in Bochum: Ein Stimmungsbild
Am 14. September 2025 fanden in Bochum die Kommunalwahlen statt, bei denen neben dem Rat der Stadt und den Bezirksvertretungen auch die Oberbürgermeisterin oder der Oberbürgermeister gewählt wurde. Da keiner der Kandidierenden im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreichte, kam es am 28. September 2025 zu einer Stichwahl. Jörg Lukat (SPD, Grüne) gewann die Stichwahl zum Oberbürgermeister mit 64,67 Prozent der Stimmen.
Besonders auffällig war die Wahlbeteiligung bei dieser entscheidenden Stichwahl, die lediglich 39 Prozent betrug. Dies steht im Kontrast zur Wahlbeteiligung der Kommunalwahlen 2025 in NRW insgesamt, die mit 57 Prozent die höchste seit fast drei Jahrzehnten war. Im ersten Wahlgang der Kommunalwahl in Bochum am 14. September 2025 lag die Wahlbeteiligung noch bei 55,0 Prozent, was Jörg Lukat mit 43,1 Prozent der Stimmen und Andreas Bracke (CDU) mit 22,9 Prozent in die Stichwahl führte. Die deutlich niedrigere Beteiligung im zweiten Wahlgang unterstreicht das Phänomen der Bürgermüdigkeit, insbesondere wenn es um solitäre Stichwahlen geht. Bereits bei der Oberbürgermeisterwahl 2015 in Bochum lag die Wahlbeteiligung am frühen Nachmittag bei nur 23,8 Prozent inklusive Briefwählern.
Historische Perspektive der Wahlbeteiligung in Bochum
Die Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen in Bochum zeigte in der Vergangenheit Schwankungen. Während sie 1979 noch bei 70,4 Prozent lag, sank sie 1999 auf 51,0 Prozent und 2014 auf 48,5 Prozent. Die Kommunalwahl 2020 verzeichnete eine Beteiligung von 48,7 Prozent. Diese Zahlen deuten auf einen langfristigen Trend hin, der sich auch in der jüngsten OB-Stichwahl 2025 manifestierte. Eine geringere Wahlbeteiligung bei reinen Oberbürgermeisterwahlen im Vergleich zu kombinierten Kommunalwahlen ist ein bekanntes Muster, wie die Erfahrung aus anderen Städten zeigt.
Gründe für geringe politische Teilhabe
Die Gründe für eine geringe politische Teilhabe und Bürgermüdigkeit sind vielfältig. Experten weisen darauf hin, dass oft ein geringes politisches Interesse besteht und der Glaube, durch eigenes politisches Engagement etwas bewirken zu können, fehlt. Manchmal ist auch die Komplexität des Wahlsystems ein Hinderungsgrund, oder es mangelt an Motivation, zur Wahl zu gehen. Parteien werden zudem vorgeworfen, selbst dazu beizutragen, dass sich Bürger von der Parteipolitik abwenden.
Die Kommunalwahlen, die die Mitglieder kommunaler Vertretungskörperschaften und oft auch leitende Amtsträger wählen, sind ein grundlegender Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung und dienen der demokratischen Legitimation. Sie sind die unmittelbarste Form politischer Mitbestimmung und haben direkten Einfluss auf das tägliche Leben der Bürger, indem sie über Schulen, Kitas, Straßen und Sportstätten entscheiden. Wenn jedoch das Gefühl entsteht, dass die eigene Stimme wenig bewirkt oder die Politik zu weit entfernt ist, kann dies zur Resignation und einer sinkenden Wahlbeteiligung führen.
Stärkung der Demokratie vor Ort und kommunales Engagement
Angesichts dieser Herausforderungen sind Initiativen zur Stärkung der Demokratie vor Ort und zur Förderung des kommunalen Engagements von großer Bedeutung. Die Stadt Bochum hat verschiedene Ansätze entwickelt, um die politische Teilhabe und das bürgerschaftliche Engagement zu fördern.
Bochumer Initiativen für mehr Bürgerbeteiligung
Die Stadt Bochum informiert Bürgerinnen und Bürger aktiv über Möglichkeiten der Beteiligung an der Stadtpolitik. Dazu gehören:
- Einwohnerfragestunden im Rat und in den Bezirksvertretungen, bei denen Anliegen direkt an die Politik herangetragen werden können.
- Beteiligung bei der Stadtplanung, beispielsweise durch das Einbringen von Anregungen und Bedenken bei Bebauungsplanverfahren.
- Kommunale Integrationszentren und andere Stellen, die ehrenamtliches Engagement fördern und Projekte unterstützen, die Integration, Teilhabe und demokratisches Miteinander stärken.
Das LutherLAB bietet beispielsweise Module zur „Politischen Teilhabe für ALLE“ an, die erklären, wie Politik und Verwaltung in Bochum funktionieren, wie man sich informieren kann und welche rechtlichen und informellen Möglichkeiten der Mitbestimmung es gibt. Die Stadt Bochum betont die Notwendigkeit glaubwürdiger Gelegenheiten zur Mitbestimmung und Mitgestaltung, um die Zivilgesellschaft langfristig zu stärken.
Das „Bochumer Versprechen“ für Demokratie
Die Stadt Bochum hat zudem die Erklärung „Wir für Demokratie – Bochumer Versprechen“ unterzeichnet. Diese Erklärung unterstreicht die gemeinsamen Werte der Demokratie – Freiheit, Gleichheit und Respekt – und setzt sich gegen politischen und religiösen Extremismus ein. Oberbürgermeister Thomas Eiskirch betonte, dass eine wehrhafte Demokratie von einer aktiven und wachen Zivilgesellschaft vor Ort lebe. Projekte wie die „Bochumer Wege der Demokratie“ versuchen, Demokratiegeschichte vor Ort sicht- und erfahrbar zu machen, indem sie lokale Auseinandersetzungen von Demokratie in den Vordergrund stellen.
Das ehrenamtliche Engagement spielt eine zentrale Rolle. Mit 140.000 ehrenamtlich Engagierten weist Bochum einen Spitzenwert in NRW auf. Institutionen wie die Bochumer Ehrenamtsagentur und das Begleiter Netzwerk Bochum unterstützen und vernetzen diese Engagierten in vielfältigen sozialen Projekten.
Fazit
Die OB-Stichwahl 2025 in Bochum hat gezeigt, dass die Wahlbeteiligung bei spezifischen Direktwahlen, selbst in einem Kontext erhöhter Aufmerksamkeit für Kommunalwahlen in NRW, weiterhin eine Herausforderung darstellt. Die niedrige Beteiligung von 39 Prozent bei der Stichwahl, die Jörg Lukat zum Oberbürgermeister wählte, mahnt zur verstärkten Auseinandersetzung mit den Ursachen von Bürgermüdigkeit und der Bedeutung von politischer Teilhabe. Die Stadt Bochum begegnet diesem Trend mit verschiedenen Initiativen zur Stärkung des kommunalen Engagements und der lokalen Demokratie. Es ist entscheidend, dass die Bürgerinnen und Bürger weiterhin für die Relevanz ihrer Stimme sensibilisiert werden und glaubwürdige Wege zur Mitgestaltung ihrer unmittelbaren Lebenswelt sehen. Nur durch kontinuierliches Engagement von Stadtverwaltung, Zivilgesellschaft und den einzelnen Bürgern kann die Demokratie vor Ort nachhaltig gestärkt und die Wahlbeteiligung langfristig wieder gesteigert werden. Die Förderung des Ehrenamts und transparente Beteiligungsmöglichkeiten sind dabei Schlüsselelemente, um die demokratischen Strukturen zu festigen und das Vertrauen in die politische Mitwirkung zu erneuern.
Weiterführende Quellen
https://kommunal.de/das-sind-die-ergebnisse-der-kommunalwahlen-nrw
https://www.bochum.de/Wahlen-in-Bochum/Kommunalwahlen-2025
https://www.bochum.de/Wahlen-in-Bochum/Wahlergebnisse-und-Sitzverteilung-zur-Wahl-des-Rates

