Bochum entwickelt sich zu einem Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit. Zahlreiche Initiativen, Projekte und engagierte Bürgerinnen und Bürger gestalten aktiv einen Wandel hin zu einem bewussteren und ressourcenschonenderen Lebensstil. Die Stadt im Herzen des Ruhrgebiets beweist, dass urbanes Leben und ökologisches Handeln Hand in Hand gehen können.
Nachhaltiger Konsum: Bewusste Entscheidungen für die Zukunft
Der nachhaltige Konsum ist ein zentraler Pfeiler für eine zukunftsfähige Gesellschaft. In Bochum gibt es verschiedene Ansätze, dieses Ziel zu fördern. Die Stadt Bochum hat eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie, die darauf abzielt, den Konsum von Ressourcen zu schonen. Ein konkretes Projekt ist „Verwenden statt Verschwenden: Nachhaltige Lebensmittelnutzung“, das darauf abzielt, die Lebensmittelverschwendung in Bochum messbar zu reduzieren und genießbare Produkte über ein Netzwerk aus Lieferanten und Abnehmern sowie Foodsharing-Stationen der Gesellschaft zugänglich zu machen. Die Initiative „BiBo – Biotonnen für Bochum“ setzt sich zudem dafür ein, Bioabfälle besser zu nutzen und zur Stromerzeugung heranzuziehen, da ein Großteil biologisch abbaubarer Abfälle noch im Restmüll landet. Selbst die Ruhr-Universität Bochum engagiert sich mit einem Mensa-Projekt erfolgreich gegen Lebensmittelverschwendung. Greenpeace Bochum und BOwusst arbeiten an einem Ratgeber für nachhaltigen Konsum, um Bürgerinnen und Bürger zu informieren. Auch die Forschung an der Hochschule Bochum befasst sich mit dem Einfluss von Geschlechterperspektiven auf nachhaltiges Konsumverhalten.
Reparieren statt Wegwerfen: Die Repair Cafés in Bochum
Ein wichtiger Schritt zur Müllvermeidung und zur Förderung eines langlebigen Konsums ist die Reparatur defekter Gegenstände. Bochum verfügt über ein lebendiges Netzwerk von Repair Cafés, die Bürgern die Möglichkeit bieten, kaputte Geräte, Fahrräder oder Kleidung unter Anleitung ehrenamtlicher Experten selbst zu reparieren. Zu den Standorten gehören das Labor e.V., das Umweltzentrum und das Haus der Caritas Wattenscheid. Auch der AStA der Ruhr-Universität Bochum betreibt ein Repair Café, das nicht nur Reparaturtermine anbietet, sondern auch eine offene Werkstatt und die Möglichkeit zur Abgabe von Hardwarespenden. Weitere Anlaufstellen sind der Quartierstreff 55+ in Gerthe und das Seniorenbüro Ost in Langendreer. Eine besondere Rolle spielt die Bib der Dinge Bochum, die ebenfalls regelmäßig Repair Cafés veranstaltet und so die Kultur des Reparierens aktiv unterstützt.
Unverpackt Einkaufen: Weniger Müll, mehr Bewusstsein
Das Konzept des unverpackten Einkaufens gewinnt auch in Bochum an Bedeutung. Es bietet eine direkte Antwort auf den wachsenden Verpackungsmüllberg im Alltag. Der bekannteste Laden in Bochum ist BIOKU – Dein Bio- und Kulturmarkt, der neben einem Bio-Vollsortiment viele Lebensmittel zum Selbstabfüllen anbietet, ganz ohne Verpackungsmüll. Das BIOKU-Konzept legt Wert auf biologische Erzeugung, Regionalität und Saisonalität, um die Biodiversität zu schützen und Pestizide zu vermeiden. Solche Geschäfte ermöglichen es, den persönlichen ökologischen Fußabdruck deutlich zu reduzieren und bewusstere Kaufentscheidungen zu treffen.
Essbare Stadt Bochum: Grünflächen mit Genusspotenzial
Die Vision der Essbaren Stadt Bochum (EssBO!) wird in Bochum aktiv umgesetzt. Ziel ist es, städtische Flächen für den Anbau von Lebensmitteln zu nutzen und die Bürgerinnen und Bürger zur Beteiligung einzuladen. Dies fördert nicht nur die regionale Lebensmittelproduktion, sondern stärkt auch die Gemeinschaft und bietet Bildungsangebote. Die Initiative pflanzt beispielsweise „Naschplätze“ mit Beerensträuchern, Kräuterpflanzen und Blumen an, die von der Nachbarschaft gepflegt und geerntet werden können. Auch die Stadt Bochum trägt dazu bei, indem sie Obstbäume und Sträucher auf öffentlichen Flächen pflanzt und auf der Plattform „mundraub.org“ zur Ernte freigibt. Die „EssBO!“-Initiative bietet zudem Workshops zum Revitalisieren von Gemüseresten und zum Veredeln von Gehölzen an, um das Wissen über Pflanzenanbau zu vermitteln.
Regionale Produkte: Kurze Wege, frischer Genuss
Die Unterstützung regionaler Produkte ist ein wichtiger Beitrag zur Nachhaltigkeit, da sie lange Transportwege reduziert und lokale Wirtschaftskreisläufe stärkt. In Bochum und Umgebung gibt es eine wachsende Zahl von Anbietern, die auf Frische und Herkunft Wert legen. Beispiele hierfür sind die Knollenkiste, ein Familienbetrieb, der Kartoffeln, Honig und Fruchtaufstriche über 24/7‑Selbstbedienungsautomaten anbietet. Stroh Vieh® Bochum fungiert als Online-Marktplatz für frische, regionale Produkte wie Fleisch, Obst, Gemüse, Milchprodukte und Honig, die direkt von Erzeugern stammen. Auch Jenaus Landspezialitäten liefert frische Lebensmittel aus regionalem Anbau direkt nach Hause. Das Bauernlädchen im Kirchviertel bietet saisonales Obst und Gemüse, Eier, Fleischprodukte und vieles mehr von regionalen Betrieben an. Hof Schulte Schüren ist ein weiterer Hofladen, der frische Hofprodukte, darunter Eier und Fleischspezialitäten, anbietet.
Müllvermeidung und Kreislaufwirtschaft: Eine gemeinsame Aufgabe
Über die Repair Cafés und den unverpackten Einkauf hinaus gibt es in Bochum weitere Bemühungen zur Müllvermeidung. Das bereits erwähnte Projekt „Verwenden statt Verschwenden“ widmet sich gezielt der Reduzierung von Lebensmittelabfällen. Die Initiative „BiBo – Biotonnen für Bochum“ macht sich für die bessere Nutzung von Bioabfall zur Energiegewinnung stark und bietet Informationsflyer in mehreren Sprachen an, um möglichst viele Bürgerinnen und Bürger zu erreichen. Der Umweltservice Bochum (USB) engagiert sich ebenfalls im Bereich der Umweltbildung und bei Aktionen zur Müllvermeidung und zum Upcycling. Das Projekt „StadtRaumPflege“ der Stadt Bochum setzt sich für Sauberkeit im öffentlichen Raum ein und bindet dabei auch Bürgerinnen und Bürger in Stadtputz-Aktionen und durch Abfallkontrolleure ein.
Umweltbildung: Wissen schaffen für eine grüne Zukunft
Umweltbildung ist der Schlüssel zu einem nachhaltigen Bewusstsein und Handeln. In Bochum gibt es zahlreiche Angebote für alle Altersgruppen. Der BUND Bochum organisiert unter dem Namen „Nature Kids“ Gruppenaktivitäten im Wald für Kinder zwischen 6 und 10 Jahren. „Wiltruds Grünzeit“ bietet zudem vielfältige Wald- und Naturerlebnisse, von Exkursionen bis zu Ferienprogrammen, die Naturwissenschaft und Abenteuer verbinden. Das Umwelt- und Grünflächenamt der Stadt Bochum unterstützt Kindergärten und Schulen im Bereich der Umwelterziehung und stellt Informationsbroschüren und Exkursionsführer bereit. Auch „Grünschnabel“ bietet natur- und umweltpädagogische Kurse für Kinder an, um die angeborene Neugierde für die Welt zu fördern.
Bib der Dinge: Teilen statt Besitzen
Die Bib der Dinge Bochum ist ein innovatives Konzept, das die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft und des Teilens in den Vordergrund stellt. Sie funktioniert wie eine traditionelle Bibliothek, nur dass statt Büchern eine Vielzahl von alltäglichen und speziellen Gegenständen ausgeliehen werden können. Dies reicht von Werkzeugen für Heim und Garten über Küchenutensilien bis hin zu Sport- und Freizeitartikeln. Durch das Teilen wird die Neuanschaffung von Dingen vermieden, die nur selten genutzt werden, wodurch Ressourcen gespart und der materielle Wohlstand ohne vermehrten Konsum erhalten bleibt. Die Bib der Dinge ist ein Projekt des phase4:institut gGmbH und kooperiert mit Partnern wie dem USB und der Hochschule Bochum.
Gemeinschaftsgärten: Grüne Oasen der Begegnung
Gemeinschaftsgärten sind lebendige Orte des Gärtnerns, der Begegnung und der Umweltbildung. Sie fördern nicht nur den Anbau von eigenem Obst und Gemüse, sondern stärken auch das soziale Miteinander und das Bewusstsein für ökologische Zusammenhänge. Ein herausragendes Beispiel in Bochum ist der Hof Bergmann, ein Gemeinschaftsgarten und Wohnprojekt, das seit 2012 in solidarischer Gemeinschaft betrieben wird. Hier wird nach Prinzipien der Permakultur gewirtschaftet, es gibt Nutz- und Ziergärten, eine Streuobstwiese und Bienenvölker. Der Hof Bergmann versteht sich als Ort des Austauschs und der Bildung für nachhaltige Entwicklung. Auch im Stadtteil Hamme gibt es einen Gemeinschaftsgarten, der das Nachbarschaftsklima verbessern soll. Die Initiative „EssBO!“ hat zudem im Westend einen „Naschgarten“ geschaffen und unterstützt weitere Gartenprojekte. Ein neues Urban-Gardening-Projekt an der Vereinsstraße 33 wird ebenfalls von der Stadt Bochum geförd und durch die Ruhrstadt Gartenmiliz und EssBO! unterstützt.
Fazit
Bochum zeigt beeindruckend, wie vielfältig und lebendig Initiativen für ein nachhaltiges Leben in einer Großstadt sein können. Von praktischen Anlaufstellen wie Repair Cafés und Unverpackt-Läden bis hin zu visionären Projekten wie der Essbaren Stadt und der Bib der Dinge wird hier aktiv am Wandel gearbeitet. Die starke Betonung auf regionale Produkte, engagierte Müllvermeidung und umfassende Umweltbildung schafft ein engmaschiges Netz, das Bürgerinnen und Bürger dazu einlädt, sich aktiv an einem grüneren und bewussteren Alltag zu beteiligen. Bochum ist auf dem besten Weg, eine Modellstadt für nachhaltigen Konsum und gemeinschaftliches Handeln zu werden, in der die Zukunft schon heute wächst und gedeiht.